Von meinen CDs, den Komponisten und anderen Meistern

Einige Anekdoten können Sie lesen unter:

*... aus meiner Autobiographie von 2004

 

CDs zu produzieren ... das heißt, alles zu machen! Es ist wohl bei jedem Beruf gut, seine Talente mit einbringen zu können. Bei der Produktion von Filmmusik-CDs kommt mir da natürlich optimal zugute, daß ich Grafiker, Schriftsteller, Musik- und Filmkenner und ein guter Organisator bin. ( ... eigentlich mache ich genau aus diesem Grund Soundtracks!)

Zumeist produziere ich Filmmusik oder auch sogenannte Soundtrack-CDs, und zwar zu den Filmen der 50er und 60er Jahre. Die Aufnahmen dieser Zeit sind zumeist nur noch auf alten Schnürsenkelbändern vorhanden, bei denen der Zenit der Haltbarkeit längst überschritten ist. Es war und ist also Eile geboten, um noch die letzten großen deutschen Orchesteraufnahmen zu retten. Leider gibt es von zu vielen Filmen, z.B. „Ich denke oft an Piroschka" (1955) schon gar keine Musiken mehr.

Meistens hat man eine Idee, z.B. für eine gute Kompilation, im Kopf. Dann setzt man sich mit dem oder den Komponisten bzw. den Rechtenachfolgern in Verbindung und versucht seine Idee mit deren Vorstellungen übereinzubringen, genauso wie auch die finanziellen Abgaben. Dann macht man die Zusammenstellung, die oft darin besteht, daß anfangs entweder gar kein Bandmaterial vorhanden ist (auftreiben!) oder daß man zehn Stunden Musik hat (die man am besten auswenig lernt bzw. in sich aufnimmt) und dann zu ca. 80 Minuten verkürzt und dabei auf ideale Übergänge achtet. Falls die Takes noch unbetitelt sind, sind diese natürlich auch der jeweiligen Filmszene zuzuordnen und dementsprechend richtig zu betiteln (z.B. „Verfolgung im Bahnhof"). Fotomaterial ist aufzutreiben und die Rechte zu klären, Vorwort und Filmographien usw. sind zu schreiben. Vorlage des bisher ausgewählten Materials und die Absprachen mit dem Komponisten bzw. auch schon dem Grafiker (Layout) sind zu treffen. Alle Anmeldungen (Verlage, Gema usw. und die Verträge) müssen jetzt erfolgen. Die Musikbänder werden im Studio bearbeitet (Restaurierungen). Alles wird fertiggemacht für Preßwerk und Druck. Zirka vier Monate sind vergangen, aber da ich immer an 3 bis 4 CDs gleichzeitig arbeite, kommen letztendlich auch pro Jahr so 10 CDs auf den Markt (... und das trotz meiner täglichen acht Stunden Arbeit in der Druckerei).

Jugendliche fragen ab und zu bei mir an, ob sie diese oder jene Musiken von meinen CDs oder Fotos, die ich in den Booklets verwendet habe usw., für „private Veröffentlichungen" haben könnten (z.B. aus meinen beiden Böttcher-Krimi-CDs eine Zusammenfassung für den privaten Verkauf). Ich erkläre ihnen dann immer, daß ich bei den Musiken auch nur die Non-exklusiven-Rechte hätte und sie auch bei Fotos die jeweiligen Rechtinhaber kontaktieren müßten. Da sind sie dann immer völlig schockiert, weil für sie die Gefahr bestehen würde, bei einer offiziellen Anfrage eventuell etwas zahlen zu müssen. Manchmal werde ich dann sogar sauer und sage: „Was glaubt ihr denn, daß ihr alles einfach nur unentgeltlich bekommt, um dann selbst ganz billig ein großes Geschäft daraus zu machen?" Mich erstaunt dabei, daß viele Jugendliche tatsächlich so naiv sind und sagen, sie hätten noch niemals etwas davon gehört, daß man z.B. folgendes vorher zu regeln hätte: Verträge (für Auflagen und Zeitraum der Veröffentlichung), Restaurierungkosten bzw. anteilige Studiokosten, Anmeldungen, Titelangaben für die Gema, eine nötige Genehmigung vom Komponisten bzw. dessen Rechtsnachfolgern, Verlagsrechte, Namensnennungen (Verlage usw.), Archivbemusterungen, Gewerbeanmeldung, Steuerabgaben („Ach so, ich dachte es genügt, wenn sie mir sagen, du kannst meine Sachen ruhig hernehmen").

Zu meiner Jugendzeit gab es da immer diesen grausamen Standardsatz: „... also diese Jugend von heute, da waren wir doch ganz anders!", bei dem einem schon von „Übersättigung" die Ohren klingelten und den ich hier auch bestimmt nicht anwenden möchte. Aber bei vielem, was diese jungen „Lauser" gerade heutzutage über ihre PCs machen, frage ich mich, warum sie in Schulen, von den Medien, den Eltern oder der Wirtschaft so schlecht auf die „Geschäftswelt" vorbereitet sind. Denn jeder kann doch einfach alles, was es gibt, für sich und andere nutzen, wenn er sich an die (noch) bestehenden Regeln und Gesetze hält.

 

 

 

  1)  Oskar Sala

  2)  Martin Böttcher

  3)  Hans Posegga

  4)  Gert Wilden

  5)  Peter Sandloff 
  
  6)  Peter Thomas

  7)  Martin Böttcher

  8)  Willy Mattes

  9)  Lubos Sluka und Jan Hanus

10)  Roland Kusche 

11)  Rolf Wilhelm

12)  Richard Weize

13)  Martin Böttcher

14)  Peter Thomas

15)  Martin Böttcher

16)  Kriminalfilm-Musik No. 4

17)  Abenteuer-Klassiker

18)  Die Schatzinsel

19)  Ennio Morricone

20)  Onkel Toms Hütte

21)  Western-Soundtrack-Serie

22)  Bert Kaempfert

23)  Rolf-Hans Müller

24)  The Night of the Hunter

 

25)  Martin Böttcher

26)  Martin Böttcher

27)  Rolf Wilhelm (Franz Seitz)

28)  Erwin Halletz

29)  Die Ofarims und Peter Thomas

30)  Hans-Martin Majewski

31)  Peter Thomas und George Clooney

32)  Peter Sandloff

33)  Hans-Martin Majewski (Norbert Schultze)

34)  Peter Thomas

35)  Table For Two

36)  Volker Rippe

 

1)  1999 bekam ich einen Anruf von einem Herrn Rützel vom Erdenklang Musikverlag. Er sagte mir, Oskar Sala würde gerne mit mir zusammenarbeiten, ob ich ihn einmal anrufen könnte. Ja ich geb´ zu, ich sagte damals tatsächlich: „Bitte, wer ist Oskar Sala?" Worauf Herr Rützel fast außer sich ins Telefon brüllte: „Was, Sie kennen Oskar Sala nicht, das ist der Komponist von Alfred Hichcock!"

Drei Tage verbrachte ich dann damals in Berlin, und den damals 89jährigen in seinem Studio an seinem Mixturtrautonium agieren zu sehen war eine echte Freude. Soviel Energie strahlte er aus: „Hören Sie das, hören Sie das ... das sind alles reine Terzen."

Seinen 90. Geburtstag feierte er im Deutschen Museum in München ... die letzte große Feier seines Lebens. Beeindruckend: Die „kultivierten" Gäste dieser Feier im Deutschen Museum zeigten sich zwei Stunden später recht ausgelassen. Da jagten 70jährige Männer hinter 50jährigen Frauen her, oder sie spielten mit Lachsbrötchen Fußball.

 

2)  Auf dem Edgar-Wallace-Fest 2000 durfte ich Martin Böttcher den Preis in Gold für „unsere" Kriminalfilm-Musiken überreichen. Eine tolle Besonderheit für mich, ich konnte die Rede dazu sogar vor richtigem Starpublikum (u.a. George Nader, Brigitte Grothum, Eddi Arent) halten:

Ich lernte Herrn Böttcher auf dem Münchner Filmball 1985 kennen und stellte ihm meine wichtigste Frage: „Lieber Herr Böttcher, warum gibt es denn Ihre großartigen Filmmusiken zu den Pater-Brown- und Edgar-Wallace-Filmen nicht auf Schallplatte?" Er sagte: „Das liegt an den Musikverlagen - und ich glaube auch nicht, daß das sich das heute noch jemand anhört" (wie gesagt, das war 1985). Ich sagte ihm: „Dann mache ich eine Unterschriftenaktion an die Verlage." Er sagte: „Nein, bitte warten Sie mit so etwas wenigstens zwei, drei Jahre, denn es ist möglich, daß es durch die Umstellung von Schallplatte auf CDs da doch eine Veröffentlichung gibt."

Ich bin ein geduldiger Mensch - ich wartete 10 Jahre, und dann wurde es mir zuviel; ich machte ein Konzept für eine CD und schickte es ihm. Und er sagte dazu, wie immer sehr knapp in Worten: „Ja, das gefällt mir, dann machen Sie mal." Gut, ich machte dann, und nach einem Jahr hatte ich tatsächlich die fertige CD in den Händen. Die alten Aufnahmen klangen letztlich hervorragend, klar, die Musik wer es sowieso - ich war so glücklich, ich glaub´, ich hab´ heute noch eine Beule am Kopf vom Freundensprung an die Decke ... 

Anmerkung: Die Kriminalfilm-Musik (1) verkaufte sich nicht nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz, wir hatten auch jahrelang gute Bestellungen aus Portugal, Spanien, Schweden, Rußland, England, Saudi-Arabien, sowie Japan und Amerika. Und ein DJ vom California Radio war so begeistert von der CD, daß er sie im Sender wochenlang rauf und runter spielte.

 

3)  2001 mit Hans Posegga im Aufnahmestudio beim Stachus in München. 

Hans Posegga sah mich irgendwann während der Zeit im Aufnahmestudio so durchdringend an und raunte mir zu: „Das gefällt mir, wie Sie das alles so anpacken, mit Ihnen möchte ich weiter zusam- menarbeiten." „Bitte?" sagte ich. „Wie weiter zusammenarbeiten?" „Ja ich hab´ doch so viel Musik für den ,Neuen Deutschen Film‘ komponiert, Fassbinder und so, daß sollen Sie für mich machen." „Oh, vielen Dank für das Angebot", sagte ich, wirklich gerührt, „aber das interessiert mich nicht." „Was! ... Was sagen Sie da!" begann er fast zu brüllen. Dann stutzte er kurz nachdenklich und fragte mit sanfter Stimme: „Wieso interessiert es Sie nicht?" Ich sagte ihm: „Schaun Sie, Herr Posegga, der ,Neue Deutsche Film‘ und speziell Fassbinder, der wird besonders in den Filmhochschulen immer erhalten bleiben. Ich bin jetzt erst mal bemüht, das zu retten, was in den nächsten Jahren kaputtgehen könnte. Die ,Weihnachts-Vierteiler‘ zum Beispiel waren ,nur‘ Fernsehfilme, und um deren Musiken, wie die jetzt hier von Ihnen, um die kümmert sich keiner. In welcher Qualität allein Ihre Bänder sind, das sehen Sie selbst, und deshalb werde ich erst mal diese Bänder vor der Zersetzung bewahren." Nachdenklich sagte er: „Ja, so verstehe ich das." Er setzte sich hin und brachte dann wieder ein lautes „Mit Ihnen möchte ich zusammenarbeiten" hervor, und dann bot er mir fast drängend an: „Im Herbst, da kommen Sie einmal zu mir, und dann spiele ich Ihnen meine Musiken vor", und ich nickte.

Hans Posegga hatte u.a. auch die Musiken zu „Die Sendung mit der Maus" geschrieben, er starb etwa acht Monate später (2002) während eines kurzen Aufenthaltes in Wien.

 

4)  2000)  Immer gerne treffe ich mich mit dem geselligen Gert Wilden. Nach einer runde Schnaps beginnt er meistens die tollsten Geschichten zu erzählen. Erlebnisse, die er während seiner vielen Jahre als Filmkomponist mit seinen Kollegen, Produzenten oder mit den Filmstars hatte. Und er hat wirklich die unglaublichsten Geschichten erlebt, von Hildegard Knef, Artur Brauner bis Zarah Leander, da wird nichts und niemand ausgelassen, und wir lachen dabei viel. Aber leider sind die meisten dieser Geschichten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

Auf der Gert-Wilden-CD „I Told You Not To Cry", die von „Crippled Dick Hot Wax" herausgebracht wurde, ist auch der gleichnamige Vokaltitel aus dem Film „Der schwarze Panther von Ratana" (1962) enthalten. Was mich eben an anderen CD-Produktionen ärgert, ist oft die schlechte Rechere, wie eben auch, daß bei dieser klasse Gesangsaufnahme einfach nicht die Sängerin namentlich genannt ist. Wer die Sängerin ist? Na, Gert Wildens Tochter Eva, und das hätte ich schon erwähnenswert gefunden.

 

5)  1999)  Peter Sandloff war der erste Komponist, den ich für die „Krimi 4"-CD gewinnen konnte, die letztlich die Musiken von elf Komponisten bot. Aber gerade sein unkompliziertes Entgegenkom- men, seine Art Humor und seine sympathische, altprofessorale Art ließen mich zu dem Versprechen hinreißen, eine eigene CD von seiner Musik zu machen. Beim Darübernachdenken, wie es denn möglich wäre, kam mir dann die Idee zu der „Deutsche Filmkomponisten"-Serie.

Weil ich den Film „Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" (1961/62) und seine dazu kompo- nierte Musik einfach großartig finde, hat er mir einmal eine kleine Geschichte dazu erzählt. „Ich war gerade im Aufnahmestudio, als plötzlich Artur Brauner hereinkam. Über dem Arm hatte er einen Frack und sagte zu mir: ,Ziehen Sie den schnell an, und kommen Sie dann mit mir‘, was ich auch tat, obwohl ich eigentlich im Studio gleich Feierabend machen wollte. Ein Chauffeur brachte uns dann zum Metropol-Theater, ohne daß Brauner mir auf der Fahrt gesagt hatte, was wir hier eigentlich vorhätten" (etwa ein großer Empfang, bei dem er mich irgend jemandem vorstellen wollte?). Aber es gab keinen Empfang, denn im Theater waren nur die Dreharbeiten zu besagtem Film voll im Gange, und auf der Bühne wurde gerade eine Theaterszene nachgestellt, die zur Zeit der französischen Revolution angesiedelt war. ,Was soll ich denn hier?‘ tat ich mein Erstaunen kund, da sagte er zu mir nur kurz: ,Da, gehn Sie da in den Orchestergraben, wir brauchen für die Filmaufnahme einen Dirigenten.‘

Da sehn Sie einmal, wie er, wenn man für ihn arbeitete, gleich jede Situation auszunutzen verstand, denn Geld für diese ,Sonderleistung‘, die letztlich mehrere Stunden dauerte, habe ich natürlich keines von ihm bekommen", erinnerte sich Peter Sandloff abschließend. Immerhin gut ist, daß man heute noch, wenn man sich den Film ansieht, Peter Sandloff im Orchestergraben (mit Karin Dor auf der Bühne) beim Dirigieren sehen kann ... und welcher Komponist hat schon solch eine Aufnahme von sich!

In Erinnerungen an seinen Kollegen Hans-Martin Majewski gab Peter Sandloff einmal folgenden Satz zum Besten: „Ach ja, das waren noch Zeiten, als Hans-Martin und ich im Café Warschau in der Stalin-Allee in Berlin saßen und wir so viel Geld hatten, daß wir die Puppen tanzen lassen konnten."

Foto links oben: 1999 mit Peter Sandloff (rechts) im Aufnahmestudio bei Rolf Müller (links) in Berlin

 

6)  Es ist fast unmöglich, Peter Thomas zu beschreiben – unmöglich schon deshalb, weil er sich bestimmt weigern würde, sich beschreiben oder in eine Schublade stecken zu lassen. Peter Thomas im Leben wie in seiner Musik, das heißt, ständig überrascht zu werden (alles ist möglich), glücklicherweise zumeist in positiver Hinsicht. Er ist ein genialer Pedant, und nichts, wirklich nichts, was ihn oder seine Musik betrifft, überläßt er dem Zufall; Normen scheint er bei seinen Einfällen und seiner Experimentierfreudigkeit nicht zu kennen. Um seine Ideen zu verwirklichen, verwendet er gezielt seine ungeheuere Energie ("Ich bin ein Steher, wenn andere schon umfallen ..."), seine Spontaneität ("Wenn Sie soweit sind, setze ich mich in den nächsten Flieger...") und sein musikalisches und technisches Wissen. Er ist ein Multiinstrumentalist, der Live-Einspielungen einem Studiomix vorzieht, aber trotzdem die neueste Studiotechnik kennt und sie keinesfalls ausschließt. Mit ihm zu arbeiten, das ist Aktion und Auseinandersetzung (letzteres jedoch im Sinne von "sich ernsthaft mit etwas auseinandersetzen"); beides, gepaart mit einer guten Idee, ist die ideale Kreativität. Das Ergebnis ist leicht vorstellbar – die Musik von Peter Thomas ist 100 Prozent Peter Thomas.
Seine große Zeit als Filmkomponist begann 1961 mit dem Edgar-Wallace-Film "Die seltsame Gräfin", und bald folgte ein filmmusikalisches Highlight dem anderen. Die Reihe scheint endlos: "Das Rätsel der roten Orchidee", "Der Zinker", "Das indische Tuch", "Ein Alibi zerbricht", "Zimmer 13", "Der Hexer", "Das Verrätertor", "Der unheimliche Mönch", "Der letzte Mohikaner", "Onkel Toms Hütte", "Das Geheimnis der weißen Nonne", "Die Schlangengrube und das Pendel", "Im Banne des Unheimlichen", die Jerry-Cotton-Filme und vieles mehr. Seine Karriere als TV-Komponist verlief parallel dazu erfolgreich mit seinen Kompositionen zu den Kriminalreißern "Es ist soweit", "Die Schlüssel", "Melissa", "Babeck", "11 Uhr 20", "Der Diamantenprinz" oder "Hotel Royal".
Nebenbei sei hier noch erwähnt, daß er Esther und Abi Ofarim nicht nur entdeckte, sondern ihnen mit dem Album "Melodie einer Nacht" auch zur Weltkarriere verhalf. Die Serie "Raumpatrouille" ("Orion") avancierte durch seine Musik zum Kult oder umgekehrt. [...] Bei der beliebten und erfolgreichen Edgar-Wallace-Serie konnte er sich frei entfalten, denn diese Filme lebten von Abwechslung und Überraschung. Getragen von den einfallsreichen Musikarrangements und gespielt vom "Peter-Thomas-Sound-Orchester", wirken die Aufnahmen selbst heute noch ihrer Zeit weit voraus. Viel Vergnügen mit diesem Rückblick auf die Musik, die Peter Thomas den Ruf eingebracht hat, "der Hexer der Filmmusik" zu sein.
(CD-Textauszug)

 

7)  1995 mit Martin Böttcher (u.a. Komponist der „Winnetou-Melodien") ... irgendwo am „Mississippi". So siehts zumindest aus, aber es war nur der Raddampfer bei Dresden, auf dem wir Karl-May-Fest-Gäste uns bei einer sonnigen Fahrt amüsierte hatten. Wenn mir ein Hellseher gesagt hätte, daß ich einmal der Produzent von neun seiner CDs sein würde ... ich wäre vor lauter Glück ausgeflippt. Seit den 80er Jahren kennen wir uns gut, und selbst heutzutage, wo es den größten Teil seiner Stücke mittlerweile auf CD gibt, da schaue ich halt, daß seine Musiken im Fernsehen gespielt werden (z.B. in der „Edgar-Wallace-Show" vom 1. September 2004).

 

8)  Willy Mattes mit seiner Frau. Für die „Kriminal-Filmmusik No. 4"-CD konnte ich ihn noch gewinnen, aber für eine eigene CD in der Komponisten-Serie wurden die Bedingungen, trotz Unterstützung seines größten Fans Peter Krassa, wegen seiner Krankheit („... ich schreib Ihnen nichts, weil ich meine Finger nicht mehr bewegen kann!") einfach zu schwierig. Es fehlte außerdem das Original-Bandmaterial an allen Ecken und Enden, und bedauerlicher Weise waren er und seine Frau zudem alles andere als kooperativ. 2002 ist Willy Mattes dann gestorben, und ich war heilfroh, daß ich mein geplantes CD-Projekt instinktiv noch rechtzeitig abgebrochen habe. Man kann bei zu spät abgebrochenen Projekten viel Zeit und Geld verlieren.

 

9)  2001 in Prag mit Lubos Sluka (in der Mitte) bei Jan Hanus (rechts). Jan Hanus hatte von Robert Mellin für die Musiken zu „Die Schatzinsel" nur eine symbolische DM bekommen. Von der Verwendung seiner Musiken für die ZDF-Vierteiler „Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer" und „Lederstrumpf" wußte er auch erst von mir. Deshalb war seine Haltung mir (dem Deutschen) gegenüber von starkem Mißtrauen und Enttäuschung geprägt. Aber während meiner Woche in Prag lief ich für ihn zu allen nötigen Ämtern und ging auch bei meinen Zahlungsmög- lichkeiten für die Musikbänder zu „Die Schatzinsel" bis an meine Grenzen. Im Januar 2002 hatte er dann einen Magendurchbruch und lag im Sterben, und wir haben alle mit Hochdruck an der Fertigstellung der CD gearbeitet. Seine Telefonate waren Ansporn genug: „Junge ... ich halte durch, ich halte durch!" Das Endergebnis der letzlich zwei CD-Produktionen hat er erlebt und war darüber so glücklich, daß er heute noch lebt. Wir telefonieren und schreiben uns regelmäßig, sind Freunde geworden, und seine telefonische Anfrage „Junge, wann kommst du wieder nach Prag?" höre ich nur zu gerne.


10)  2001
mit dem „legendären" Tonmeister Roland Kusche (Ex-Trixi-Aufnahmestudio) in seinem eigenen Studio. Bei ihm im Dachauer Hinterland machte ich auf Wunsch der Komponisten die Vorarbeiten zur „Krimi-Thomas"-CD und zur „Deutsche Filmkomponisten"-CD von Rolf Wilhelm. Mich selbst hat seine Arbeitsweise weniger begeistert, weil ich sie etwas zu routiniert finde.

 

11)  2001 mit Rolf Wilhelm, der unter Insidern „der Wagner unten den Filmkomponisten" genannt wird, seine Kompositionen stehen aber auch wirklich weit über den alltäglichen Musiken. Seine gewünschte Zusammenstellung unserer CD war allerdings mit „Doktor Faustus", vielen Tracks aus „Das Schlangenei" usw. so schwer von Gemüt, das ich bei dieser Produktion gelegentlich vom Weltuntergang träumte. Um die Käufer nicht auch in diese Tristesse verfallen zu lassen, mußte ich ihn von etwas einfacheren Themen überzeugen. Das gelang mir, indem ich ihm sagte: „Ja, Herr Wilhelm, in ihrer Auswahl sind großartige Musiken, aber durchschnittliche Leute würden sie nicht verstehen. Mit dieser CD-Reihe will ich aber gerade versuchen, daß Ihre bzw. instumentale Musik auch ,einfacheren‘ Menschen zugänglich wird, und an denen würden wir sonst glattweg vorbeiproduzieren." Nach einigen Änderungen, der viel „Traurigkeit" zum Opfer fiel, wurde die CD in den Kritiken letztlich durchweg mit fünf Sternen dekoriert.

 

12)  2000 beim „Großen Bären" Richard Weize im Bremer Hinterland, anläßlich des 25-jährigen Jubiläums der Bear Family Records. Mit dabei war auch meine Vero, und klar, Stars waren auch da: u.a. Bibi Johns und Antonio (Hit: „Der Liebling von allen"), aber den besten Live-Auftritt hatte Wanda Jackson mit ihrem Lied „Santo Domingo".

Mit Richard zu arbeiten ist professionell und sehr harmonisch, und das über viele Jahre. Seine typischen Anrufe auch am Sonntagabend um 22.00 Uhr („... sag mal, wie weit bist du denn mit ...") sind längst zur lieben Gewohnheit geworden.

Ab und zu stiftet er mich zu Telefonanrufen an, eben solchen, die er selbst nicht gerne führen möchte bzw. bei denen er sich bei einem Anruf von mir einen größeren Erfolg verspricht. Das hat er einmal so ausgedrückt: „Ruf du den ... an (er soll sein O.K. geben oder so), ... weil du kriegst ja alle Männer herum!" Jedenfalls, am selben Tag, als ich später in der U-Bahn fuhr, schwang dieser dumme Satz noch bei mir nach. Ich im Wageninneren, vor der geschlossenen Glastür stehend, und am U-Bahnhof Marienplatz ein völlig normal aussehender Mann auf einer Bank sitzend, und ... der zwinkerte mir zu! Jetzt ist´s aber genug, dachte ich mir da ... also Richards Kommentar, mit meiner Wirkung auf Männer, der war aber auch schon so etwas von daneben, da bekommt man ja zum Schluß wieder Komplexe.

 

13)  1995 mit Martin Böttcher in Radebeul. Schnappschuß zu einem für mich legendären Handschlag (links) für unsere erste gemeinsame CD. Er war von mir überzeugt, was mich enorm anspornte, gerade ihn, mein Jugendidol, nicht zu enttäuschen. Abgesehen davon, daß sie sicherlich einen „Meilenstein" der Soundtrack-CDs darstellt, ist sie auch bisher meine erfolgreichste CD.

1996 Kriminalfilm-Musik (1) von Martin Böttcher (siehe auch zu 2). Auf der Suche nach einem geeigneten Musiklabel bekam ich 48 Absagen bzw. hatte ich an den Labels, die mir meine Idee für ein Trinkgeld abkaufen wollten, selbst kein Interesse. Mein 49. Versuch war bei der BSC Music, und da bekam ich von Christoph Bühring-Uhle dann nicht nur annehmbare Bedingungen, sondern er und Conny Sü Prem waren richtiggehend begeistert über mein CD-Vorhaben. Ehrlich gesagt, das Scheitern dieses Projektes war ziemlich knapp, denn mein Limit hatte ich bei 50 Absagen gesteckt.

Bei all meinen produzierten CDs gab es auch einmal eine schlechte Kritk, und die kam nur zu dieser ersten CD, und zwar aus Österreich: „Anstatt sich um ihre Vergangenheit zu kümmern, (Hitler) haben die Deutschen jetzt alte Musikaufnahmen von Frank Böttcher ausgegraben."

Also, noch besser als mit seiner eigenen Kritik kann man die Sachkenntnis und das geistige Niveau dieses österreichischen Kritikers gar nicht mehr ausdrücken, oder?

CD Filmmusiken aus: „Max, der Taschendieb", „Der schwarze Abt", den „Pater-Brown-Filmen" u.v.a.

 

14)  1998 die (2.) CD Kriminalfilm-Musik von Peter Thomas. Ein Jahr schwere Arbeit und viel Einfallsreichtum brauchte es, bis diese CD endlich fertig war.

Einen Großteil der Rechte der von mir gewünschten Musiken für diese CD hatten die Schacht Musik Verlage, aber die Rechte für „Das Geheimnis der weißen Nonne" (1966) lagen bei EMI Music Publishing. Florian Pauer, der Autor des Goldmann-Edgar-Wallace-Buches (1982), der schon längere Zeit die Idee hatte, die Musikrechte für CD-Veröffentlichungen zu erwerben, sagte zu mir, er habe seit einem Jahr Kontakt mit EMI Music, aber „es tut sich nichts bei denen!" Man müßte wahrscheinlich persönlich nach London, um das Ganze zu klären und sowieso auch, um letztlich die Verträge zu unterzeichnen. Mensch, dachte ich mir, was für ein Aufwand wird das noch werden? Aber ich benötigte unbedingt noch gute Musik, denn für spätere Wallace-Musiken von Peter Thomas (nach 1966) bekam ich keine Veröffentlichungserlaubnis von Matthias Künnecke (Polydor). So mußte ich mich eben mit EMI Music auseinandersetzen, aber das fand ich so toll, denn EMI Music, das erinnerte mich auch das Label „meiner" Beatles. Wie alles dann vonstatten ging, das möchte ich hier aus „Geheimhaltung" nicht im Detail erzählen, jedenfalls nur soviel, ich mußte nicht nach London fliegen, und die EMI hat auch vor mir noch nie eine Anfrage bezüglich dieser Musiken bekommen.


Nachdem alle Stücke in zwei Studios (bei Roland Kusche und Dave Inker, von Inker & Hamilton) überarbeitet worden waren, sagte Matthias Bosch von den Schacht Musik Verlagen zu mir: „Vergessen Sie ihre CD, ich werde die Verträge mit Ihnen nicht unterzeichnen." „Ja, was dann, wieso nicht?" Ich war wie vor den Kopf geschlagen. „Legen Sie die CD zwei Jahre auf Eis, und dann werden wir wieder sehen", sagte Herr Bosch. „Ja, aber warum, wieso, Sie hatten doch nie einen Einwand?" „Also gut" meinte er großzügig, „Ich sage es Ihnen, Crippled Dick Hot Wax Records haben doch vor kurzem eine Jerry-Cotton-Doppel-CD veröffentlicht, und am Sonntag hab´ ich mich mit denen getroffen und Ihnen aus einer wein-seligen Laune heraus versprochen, daß sie von Ihnen, in bezug auf Peter-Thomas-Musiken keine Konkurrenz bekommen werden. Tja, tut mir leid, aber ich werde da zu meinem Wort stehen", meinte er.

Daraufhin machte ich folgendes: Ich rief Peter Thomas an und fragte ihn, ob es in seinem Sinne sei, daß sein Musikverlag, der doch eigentlich seine Rechte vertreten sollte, diese (meine) CD-Veröffentlichung für mindestens zwei Jahre unterbinden wolle ... denn da beißt sich doch etwas von der Logik her. „Wie bitte, wer sagte das zu Ihnen ... warten Sie, ich ruf´ da gleich einmal an", meinte Herr Thomas daraufhin, und seine Stimme klang sehr schneidend. Ungefähr fünf Minuten später hatte ich wieder Herrn Bosch in der Leitung mit den Worten: „Sie können ihre CD machen, aber das war nicht nett von Ihnen." Man kann nicht immer nur nett sein, oder?

CD Filmmusiken aus: „Der Zinker", „Die seltsame Gräfin", „Das Verrätertor" u.a. Wallace-Filmen.

 

15)  Die dritte Kriminalfilm-Musik CD war die Martin Böttcher Vol. 2 und (nach Aussagen vieler Kritiker und Fans) meine beste CD. Nach der Veröffentlichung Ende 1998 stand die Szene wirklich Kopf. Erstmals kamen Anrufe und Briefe mit Gratulationen. Massenhaft bekam die CD Traum- kritiken bis hin, daß sie im „Plärrer" noch kurz vor Jahresende auf Platz 5 der „Jahres-CD-Charts" eingeflickt wurde. Selbst mein Bruder (Musikhandel), der niemals auch nur einen Kommentar über meine Arbeiten verloren hatte, äußerte sich begeistert. Ja, ich würde sagen, diese CD war mein Durchbruch als CD-Produzent. Auf dem darauffolgenden ersten Edgar-Wallace-Fest (1999) bekam ich für diese CD-Reihe den Edgar-Wallace-Preis in Silber und Martin Böttcher (2000) den in Gold. Christos Tses sagte mir einmal später, daß er die CD fast ein Jahr „ohne Unterbrechung" gespielt hat und seine Frau schon mit der Scheidung drohte, wenn er diesen „Zustand" nicht aufgeben würde. Ein anderer begeisterter Fan der CD meinte: „Ich habe eine völlig neue Einstellung zur Musik und den Komponisten bekommen. Denn früher dachte ich immer, guter Film - gute Musik, schlechter Film - schlechte Musik, aber Martin Böttchers Musiken, gerade auch für „schlechte Filme", sind grandios !"

Mit Volker Rippe hatte ich während der CD-Zusammenstellung ein ganz anderes Problem. Er wollte die komplette Musik von „Spur 211" (aus der „Stahlnetz"-Reihe) auf der CD haben, die etwa zehn Minunten dauerte. Ich sagte zu ihm: „Ja, Volker, es kann durchaus sein, daß die CD damit insge- samt harmonischer ausfällt, aber diese zehn Minuten brauche ich für richtige Edgar-Wallace-Film- Titel. Es ist mir auch klar, daß die Musik zu ,Die blaue Hand‘, ,Der Mönch mit der Peitsche‘ und Elisabeth Flickenschildts Lied aus ,Das Gasthaus an der Themse‘ nicht so harmonisch zu den ersten 63 Minuten passen, aber wegen dieser Filmtitel (Aufhänger) wird die CD gekauft werden." Und genau so war es dann auch, gekauft wurde sie wegen der drei Edgar-Wallace-Titel (auf die auch die Presse groß eingestiegen war), aber fast alle schwärmten von den anderen Musiken. Was nützen die besten Musiken, wenn sie nicht zum Kunden kommen?

CD Filmmusiken aus: „Das Ungeheuer von London-City", „Mörderspiel", „Wartezimmer zum Jenseits" u.v.a.

 

16)  Hätte ich die CD „Kriminalfilm-Musik von Peter Thomas Vol. 2" gemacht, dann hätte es die Kriminalfilm-Musik No. 4-CD (2000) niemals gegeben, aber Peter Thomas und Matthias Künnecke waren sich derart uneinig, daß ich schon bei der Vorplanung das Handtuch warf und innerhalb von zwei Tagen ein Konzept für diese CD entwarf. 17 Filmsoundtracks von elf verschiedenen Komponisten. Es wurde eine wahre Arbeitsschlacht, wie es schon ein Jahr später überhaupt nicht mehr zu machen gewesen wäre. Oskar Sala wollte nach dem Deal mit dem Deutschen Museum nicht mehr an seine kommerziellen Arbeiten wie die Edgar-Wallace-Filme erinnert werden. Der wunderbare Komponist Carlos Diernhammer (er brachte u.a. auch Udo Jürgens das Pianospielen bei) starb kurz nach Fertigstellung der CD, nachdem er über 30 Jahre lang gelähmt gewesen war. Karl Bette und Willy Mattes erkrankten schwer, und auch die siebenmonatige Verhandlung mit Artur Brauner wäre ein Jahr später nicht mehr so unkompliziert möglich gewesen. An Positivem gab´s trozdem eine ganze Menge, erstens, daß diese CD nach 12 Tagen Studioarbeit überhaupt einen Abschluß fand und dann meine Freundschaften zu Peter Sandloff, Rolf Wilhelm und Gert Wilden. Die CD bekam überall Höchstbewertungen, konnte allerdings die enormen Produktionskosten nicht einmal zur Hälfte einbringen. Ich bin trotzdem über diese CD sehr glücklich, das war nötiger Kulturerhalt!

Links unten: "Das Haar ganz weiß, und der Blick war böse" - Clay Shalton in "Die Bande des Schreckens"

Unten: Werbegag für die "Krimi 4"-CD. "Welcher Komponist imitiert hier Clay Shalton?"  Peter Sandloff spielte gerne mit, klagte aber: "Es war unangenehm, denn meine Frau hat mir für diese Fotos die Haare gegen den Strich gebürstet"

P.S.: Kreativität hält jung - Nachdem der jüngste meiner elf Komponisten 75 und der Älteste 90 Jahre alt war, fiel mir plötzlich der enorme Unterschied zwischen ihnen im Gegensatz zu anderen Leuten auf. Während z.B. bei mir in der Bank buchstäblich alle ab Anfang 50 nur noch von der Rente sprechen und vom Ausruhen, gibt es in einer Künstlerkarriere kein In-Rente-Gehen. Weder bei Komponisten, Schauspielern oder Malern wird ab 65 aufgehört zu arbeiten, weshalb alle, egal in welchem Alter, auch so unglaublich agil und engagiert bleiben. Für mich: Eine wichtige Lebenserkenntnis.

CD Filmmusiken aus den „Dr. Mabuse"- und den frühen Edgar-Wallace-Filmen u.v.a.

 

17)  Die Doppel-CD Abenteuer-Klassiker (2001). Ja, bei dieser CD komme ich fast nicht darum herum, auch über Stefan R. zu schreiben, denn er hatte die Idee zu dieser CD-Produktion. Wie bei allen CDs, bei denen er sich an mich wandte, war ihm entweder wieder einmal das Projekt über den Kopf gewachsen; es fehlten Takes oder Geldgeber. Als erstes überzeugte ich die BSC Musik, sich auch an diesem sehr aufwendigen Projekt zu beteiligen.

Die Weihnachtsvierteiler, das waren eben diese Fernsehfilme, die ab 1964 beginnend mit „Robinson Crusoe" an den jeweiligen Adventssonntagen ausgestrahlt wurden. Die Highlights der weiteren Jahre waren dann „Die Schatzinsel" (1966), „Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer" (1968), „Lederstrumpf" (1969), „Der Seewolf" (1971) oder „Zwei Jahre Ferien" (1974). So ging das weiter, bis 1983 mit „Der Mann aus Suez" der letzte Vierteiler ausgestrahlt wurde.

Ich selbst setzte so viel Eigenkapital ein, daß es möglich wurde, eine nötige Doppel-CD zu produzieren, auf der die besten Musiken aller Fernsehfilme untergebracht werden konnten. Hatte er vorher noch finanziell zu kratzen gehabt, so schmiß Stefan R. von da an das Geld dilettantisch zum Fenster hinaus. Z.B. paßten auf die 2 CDs 2 Stunden 26 Minuten Musik, aber er rückte im Studio mit sage und schreibe sechs Stunden Bandmaterial an und ließ während meiner zweitägigen Abwesenheit alles Bandmaterial erst einmal einspielen und teilrestaurieren. Als er dann Stücke, die er hatte restaurieren lassen, wieder aus der Zusammenstellung warf, rief mich mein aufgebrachter Tonmeister Dave Inker an: „Arild, komm sofort, der R. hat ja überhaupt kein Konzept!" Ich habe schon viel erlebt, aber noch nie so eine schlechte Planung, daß jemand überhaupt keine Vorauswahl trifft, im Studio eine wahre Materialschlacht anrichtet und dann auch noch versuchte, die Schuld für letztlich 10 Studiotage dem Tonmeister (wieder Dave Inker von Inker & Hamilton) als Unfähigkeit in die Schuhe zu schieben.

Aber auch sonst mußte ich seinetwegen das ganze Team ständig beschwichtigen. Es ist eine sehr kurzsichtige Variante, die Mitarbeiter bei einem Unternehmen zu treten, anstatt zu motivieren. Vielleicht schafft man dadurch tatsächlich kurzfristig eine schnellere Arbeit, aber mit den jeweiligen Leuten halt nur einmal, und ich hab´ etwas gegen diese Raubbausysteme. Jedenfalls waren alle froh, als die CD dann fertig war und R.s Szenen endlich ein Ende hatten, und auch ich bin von einem Produzenten-Teamwork für die nächsten Jahre kuriert worden. Meine Zusammenarbeit mit den Komponisten (Foto: Komponist Hans Posegga) verlief letzlich sehr befriedigend.

Bei der ausgekoppelten CD mit der kompletten Musik zu „Die Schatzinsel" habe ich dann das gesamte Team (ausgenommen Stefan R.) wieder hergenommen, und es war für alle eine Genugtuung, daß bei der Namensnennung dann geschrieben stand: „... in freundschaftlicher Zusammenarbeit".

 

18)  2002 kam die CD Die Schatzinsel heraus, und Jan Hanus freute sich riesig. Danach machte ich mich daran, diesen Weihnachts-Vierteiler auch auf DVD veröffentlichen zu wollen. Die Auflage vom ZDF war: Bevor überhaupt ein Kontrakt zustande käme, müßte ich erst alle Rechte mit den Mitbeteiligten ausgehandelt haben (bzw. wollte das ZDF deren Zusage), als da waren: Regie, Drehbuch, Hauptdarsteller, Musik und als Produzent Walter Ulbrich. Als ich eigentlich das Einverständnis aller Beteiligten hatte und mir auch in Koch Media eine optimale Produktionsfirma für diese DVD-Veröffentlichung zur Verfügung stand, da schoß der Rechtsanwalt von Frau Ulbrich (der Produzentenwitwe) quer. Seine unabweichliche Aussage „... wir würden einer Veröffentlichung auf diesem Vertriebsweg unter keinen Umständen zustimmen" brachte das Projekt letztlich zum erliegen. Bedauerlicherweise konnte mir weder Frau Ulbrich noch ihr Anwalt eineinhalb Jahre lang sagen, daß Herr Ulbrich keine Videoveröffentlichung gewünscht hätte und man diesen seinen „letzten" Wunsch gedanklich dann auch auf DVD- Veröffentlichungen übertragen müßte. Unverständlich sind für mich im nachhinein die ständigen Aussagen von Frau Ulbrich: „Aber die Details besprechen sie mit meinem Anwalt" oder „Von Verträgen verstehe ich nichts, da müssen Sie mit meinem Anwalt verhandeln" (obige Aussage des Rechtsanwaltes bezeichne ich keinesfalls als eine Art von Verhandlung). Mein langer und guter Kontakt zu Frau Ulbrich und die vielen Privatgespräche haben bei mir keinen Gedanken dieser Art von Absage aufkommen lassen, zumal mir Frau Ulbrich bei meinen Reisen nach Prag (zu Herrn Hanus u.a.) oder bei den Verhandlungen mit dem ZDF auch immer noch „viel Glück" gewünscht hat. Aber gerade in diesen Tagen überschlugen sich fast schon die traurigen Ereignisse, denn auch zu dem Filminterview (DVD-Bonusmaterial) mit Jan Hanus ist es nicht mehr gekommen. Sein Arzt mußte ihm am Tag vor unserem Besuch strickte Bettruhe verordnen, da er sich bei den Orchesterproben zur EU-Erweiterung gesundheitlich übernommen hatte. Am 3. August 2004 starb mein Freund, der Prager Filmkomponist Jan Hanus.

Die Soundtrack CD von „Die Schatzinsel" (1966) ist eine meiner schönsten Produktionen mit einem traumhaften Booklet von Stephanie Sansom (siehe auch Michael Ande).

 

19)  1998/ 99 „Canto Morricone Vol. 1-4". Das waren vier CDs mit den Musiken von Ennio Morricone, aber von verschiedenen Vokal-Interpreten. Das war meine erste Arbeit für Bear Family Records und dazu noch eine recht scheußliche, denn die italienischen Unterlagen waren der Gipfel an Unordnug und Lückenhaftigkeit ... und diese mußte ich auf ihre Richtigkeit hin überprüfen und Ergänzen.

 

 

20)  1998 stellte ich den „Onkel Toms Hütte"-Soundtrack von Peter Thomas zusammen. Das war meine erste Solo-Produktion für Bear Family Records. Es war einfach schön, wie Richard Weize mir diese Chance gab. Ich hatte bisher zwei meiner Krimi CDs produziert und an den Morricone-CDs mitgearbeitet, dann rief mich Richard Weize an und fragte mich nur: „Traust du dir zu, diese CD Prodution zu machen?" Und ich sagte einfach nur: „Klaro" und er darauf: „Na, dann mach mal!" Das war sozusagen ein telefonisches Händeschütteln, denn einen Vertrag hat es nie gegeben.

Meine Zusammenstellung (mit integrierten Outtakes usw.) war letztendlich klasse geworden, und das war dann auch der Anfang meiner etlichen CD-Produktionen für Bear Family Records.

 

 

21)  1999 entstand die CD „Wandrin‘ Star". Ich arbeitete an dieser dritten und auch an der vierten CD dieser Western-Soundtrack-Serie mit. Leider erst an diesen beiden CDs, denn meine persönlichen Favoriten waren die ersten beiden CDs dieser Reihe (musikalische Meilensteine!). Bei manchen Projekten ist man auch stolz, nur ein Mitarbeiter gewesen zu sein.

 

 

 

22)  Die Soundtracks zu  „90 Minuten nach Mitternacht", „Willkommen, Mister B ..." und  „Zwei Kerle aus Granit" waren leider meine einzige Mitarbeit an einer Bert Kaempfert-CD (2001). Gerne hätte ich auch einen Film über ihn produziert bzw. diese Produktionsidee erfolgreich vermittelt, aber dann kam der „Comedian Harmonists"-Film heraus, und meine Kaempfert-Film-Idee war keinen Pfennig mehr wert.

Foto: Mit Doris Keampfert und Marc Boettcher, dem Autor der Kaempfert-Biographie (2005)

 

 

23)  1999)  Diese CD war auch wieder so ein Schnellschuß für mich. Richard Weize rief an und sagte: „Wie können wir die CD nennen, laß dir in den nächsten fünf Minuten etwas einfallen". Ich meinte: „Na ja, die bekanntesten Fernsehtilel von Rolf-Hans Müller sind ,Der Forellenhof‘ und ,Salto Mortale‘. Was hältst du von ,Mit Salto Mortale zum Forellenhof‘, dann haben wir da auch noch etwas Action im Titel." Weize: „Action ist immer gut, das machen wir so."

 

 

24)  The Night of the Hunter („Die Nacht des Jägers" 1955) war 1998 eine ungewöhnliche CD-Produktion. Sie enthielt, mit allen musikalischen Untermalungen dieses Kult-Films, erstmals auch die Aufnahmen des Original Off-Sprechers, der kein Geringerer war als Charles Laughton (u.a. „Der Glöckner von Notre Dame"). Zudem dokumentierte das aufwendige Booklet in fortlaufenden Einzelbildern die gesamte Filmstory.

Als ich einmal mit meiner Frau in Brighton Urlaub machte, entdeckte ich nahe dem Bahnhof einen Soundtrack-Plattenladen. Tausende an LP-Raritäten lagerten hier, so daß ich vor Begeisterung fast wie ein Schlafwandler durch den Laden lief. Der Besitzer war natürlich über meine Haltung, zumal ich Deutscher war, sehr erfreut. So fragte er mich, woher mein Interesse (z.B. für eine Maureen-O´Hara-LP) denn käme. Ich sagte ihm, daß ich ja auch selbst Soundtrack-CDs (z.B. für Bear Family Records) produzieren würde. „Bear Family Records", sagte er, ging hinter seine Ladentheke, holte voller Stolz die CD „The Night of the Hunter" hervor und sagte strahlend: „This is my absolute favourite record." „Look, that´s me", deutete ich auf meinen Namen, ihn mehrfach in der Danksagung zeigend. Danach verbrachte ich den Rest des Nachmittags mit einem glücklichen Ladenbesitzer bei Tee und Kuchen und kam mir zum erstenmal richtig international vor.

 

25)  Viel, aber auch eine befriedigende Arbeit war die CD „Die Halbstarken / Endstation Liebe" von Martin Böttcher (2000). Seine Musiken (mit viel Jazz) waren beeindruckend, kein Wunder, spielten doch damals in „Mister Martin´s Band" so namhafte Musiker wie Horst Fischer, Fatty George, Werner Baumgart, Ernst Mosch und vor allem James Last (Böttcher: „Ja, der Hansi war da auch dabei.").

Ganz toll fand ich die Aussage, die Horst Buchholz über die Neuverfilmung von „Die Halbstarken" machte, denn er sagte zur Interviewerin: „Ich fand den Film nicht gut". Sie: „Das müssen Sie ja sagen, damit Ihr alter Film von1956 nicht schlecht dasteht, was fanden sie denn an der Neuverfilmung nicht gut?" Buchholz: „In unserem Film hatten wir damals wenigsten noch alle das Alter der Personen, die wir im Film spielten. Karin Baal (2. Hauptrolle) war damals 16 Jahre alt, aber wenn jetzt Til Schweiger mit über 30 einen Teenager spielt, dann ist das nicht gut für den Film, weil es einfach unecht wirkt." Sie: „Ja, aber er sieht doch noch so jung aus!"

Ich sehe es so: Das Alter scheint heutzutage ein Problem bei deutschen Verfilmungen zu sein, denn die Darsteller sollen schon einen bekannten Namen und Filmerfahrung haben; man will schließlich kein Risiko mehr eingehen! So kommt es dann zu den peinlichsten Filmbesetzungen, in denen z.B. Uschi Glas mit 52 Jahren eine werdende Mutter spielt oder es den Durchschnitts-Film-Vater unter Mitte 50 schon gar nicht mehr gibt. Christian Wolff, Siegfried Rauch usw. sind für mich einfach nur noch Großväter für eine „Heidi"-Neuverfilmung (... und eben nicht mehr in der „Blütezeit ihres Lebens"); na, und die Fernseh-Jugendlichen? Romy Schneider war 17 Jahre alt, als sie die Hauptrolle in „Sissi" spielte ! (... und heutzutage könnte ich mir gut vorstellen, daß man diese Rolle mit Barbara Wussow besetzten würde, aber niemals mit einer Siebzehnjährigen, denn: „... die sieht doch auch noch sooo jung aus!").

 

26)  Die Folge 1 der „Deutsche Filmkomponisten"-Serie war die CD von Martin Böttcher (2000). Bei den Planungen zu meiner Produktion für Bear Family Records legten wir die Serie auf zehn Komponisten fest. Neun nannte ich Richard Weize namentlich und den zehnten Komponisten hielt ich mir offen. Deshalb entstand dann auch diese sonderbare Numerierung, denn wir veröffentlichten immer in Zweierschritten, also Folge 1+2, Folge 4+8, Folge 6+10. Leider begannen schon während der Produktion zur CD 3 und 4 die Ausfälle (siehe Willy Mattes) und dann meine persönlich schwere Enttäuschung, daß es von Komponisten wie Franz Grothe (trotz seiner Stiftung), Werner Eisbrenner, Bernhard Eichhorn überhaupt keine Musikbänder mehr gab bzw. ich überall versuchte, für die Erben welche ausfindig zu machen. Nicht, daß sie in all den Jahren selbst nichts erhalten hatten, nein, sie taten mir auch noch ihre Enttäuschung kund wie: „Soll das heißen, daß ich jetzt kein Geld bekomme?" „Ja, wie denn, wenn ich keine Musik von ... habe, dann kann ich auch keine CD machen." Aber allein das bislang Umgesetzte ist schon schön, und so hoffe ich mit demselben Glück (denn das braucht man beim Ausfindigmachen), daß ich in zwei Jahren doch noch diese Reihe zu Ende bringen kann. Ansonsten war die Reaktion auf diese ersten beiden CDs der neuen Reihe ein Volltreffer. Auch wieder mehrfach die CD des Monats und 5 Sterne und was es sonst noch so alles gibt.

Ich selbst war aber während der Veröffentlichung schon längst in eines meiner aufwendigsten Projekte verstrickt: die Karl-May-Box. Das waren die Musiken aller Karl-May-Filme komplett auf acht CDs und einem dicken Beibuch im LP-Format. Aber über all die Begebenheiten während dieser Produktion zu schreiben würde jetzt zu lang werden. Es reicht zu sagen, daß wir mit dieser Karl-May-Box, besonders bei den Veröffentlichungen für Martin Böttcher (für seine Präsenz und Anerkennung) nochmal „einen draufsetzen" konnten.

CD Filmmusiken aus den Karl-May- und Edgar-Wallace-Filmen u.v.a.

 

27)  2001 brachte ich die „Deutsche Filmkomponisten Folge 4" von Rolf Wilhelm heraus. Einige der Filmtitel waren schon (das Werbematerial betreffend) sehr ausgefallen („Weil du arm bist, mußt du früher sterben"). Ja, solche Filme gab es auch 1956 in Deutschland, und bei einigen dieser ausgefallenen Materialien („Die zornigen jungen Männer") fürs ca. 90seitige CD- Booklet wandte ich mich gleich an die Franz Seitz-Produktion direkt. So lernte ich auch eimal Herrn Seitz persönlich kennen, der sich sehr viel Zeit für mich nahm. Er zeigte mir seine Büroräume und erzählte mir viele interessante Geschichten und Begebenheiten. Zudem kannte er sich im Bereich Musik exzellent aus, eigentlich könnte ich sogar sagen, Franz Seitz ist Kultur pur. Beim Abschluß meines Aufenthaltes bei ihm entdeckte ich mehrere Bambis auf einem Bücherbord. „Ja, nehmen Sie ruhig eines einmal in die Hand", bot er mir an ... und da konnte ich natürlich nicht wiederstehen (den „Bambi" und diese alten Dokumentarfilme dazu habe ich immer geliebt).

CD Filmmusiken aus „Die Nibelungen", „Grieche sucht Griechin", „Die Heiden von Kummerow und ihre lustigen Streiche", den „Loriot-Filmen" u.v.a.

 

28)  Deutsche Filmkomponisten Folge 8 von Erwin Halletz (2001). Herrlich, diese CD war der Gipfel des Glücksfalls für mich, denn Erwin Halletz sagte: „Ich möchte, daß auf diese CD auch meine Schlager kommen („Sauerkraut-Polka", die „Tolle-Tanten"-Filme u.a.). Richard Weize, der Chef von Bear Family Records, sagte: „Keine Schlager, nur Filmmusiken ... sonst kannst du das vergessen." Ich versuchte zu vermitteln, zuerst bei Erwin Halletz, aber der meinte nur: „Film ist Film, mindestens die Hälfte Schlager aus meinen „Tolle-Tanten"-Filmen, oder Sie können mich für Ihre CD-Reihe streichen." Bevor er auflegen konnte, sagte ich schnell: „Warten Sie, Herr Halletz, dann schreiben Sie mir die Titelei so auf, wie Sie sich die CD vorstellen würden, und schicken mir das." „Na gut", sagte er und klang frostig. Ich lotete derweil wieder die andere Seite aus: „Es wird schwierig, Richard", aber Weize sagte nur: „Wie du das anstellst, ist deine Sache" (... ich gedanklich - Mist!).

Jedenfalls kam dann alles ganz anders als gedacht. Erwin Halletz sendete von Wien aus den Brief per Einschreiben (eine Woche unterwegs), und dann fand ihn mein Postamt nicht mehr. Am Donnerstag der zweiten Woche rief mich der Oberbriefträger in meiner Arbeit an, man hätte den Brief endlich gefunden. Leider konnte ich gerade Donnerstag und Freitag nicht vor 18.00 Uhr die Arbeit verlassen (Mist !). Am Samstag holte ich dann den Brief ab, und darin war die Liste von Erwin Halletz: „Sauerkraut-Polka", Trude Herr: „Ich bin so sexy" usw. (... so ein Mist!). Am Sonntag nahm ich allen Mut zusammen und rief Erwin Halletz an, aber ich kam nicht weit, denn er sagte gleich: „Herr Rafalzik! Sagens nix, sagens nix, ich weiß schon, warum Sie erst jetzt anrufen, wir machs so, wie Sie es wollen, nur instrumental." Unglaublich, er war inzwischen weichgekocht und hatte nicht mehr mit meinem Anruf bzw. nur noch mit meiner Absage gerechnet. Na, und der „Große Bär" sagte auch erstaunt: „Wie hast du das denn wieder fertiggebracht?!" Während der weiteren Zusammenarbeit verstanden Erwin Halletz und ich uns immer besser, und es war so rührend, als er dann noch fragte: „Lieber Herr Rafalzik, können wir nicht wenigsten ,Uncle Satchmo´s Lullaby‘ auf die CD nehmen, ich bin doch der einzige deutsche Komponist, der für Louis Armstrong ein Lied geschrieben hat." „Keine Sorge, Herr Halletz, das kommt drauf, das kann ich Ihnen versichern", sagte ich ihm.

CD Filmmusiken aus „Maigret und sein größter Fall", „Der Schatz der Azteken" „Anna Karenina" u.v.a.

 

29)  2003 CD „Melodie einer Nacht". Esther Ofarim steht darauf, sie ist aber von Esther und Abi Ofarim und meine deutsche Lieblingsplatte überhaupt. Peter Thomas hat die beiden für Deutschland entdeckt, aber sie haben ihn nach diesem großartigen Beginn nicht mehr gebraucht. Ich hab´ so oft allen möglichen Leuten in den Ohren gelegen (incl. Peter Thomas), doch auch endlich einmal diese Traumplatte als CD wiederzuveröffentlichen. Jede Partei wollte aber Ergänzungen bzw. Umstellungen. Die letztlich herausgebrachte CD ist wenigsten zu zwei Dritteln nach meinem Geschmack.


30)  In 2003 kam der dritte Doppelpack meiner „Deutsche Filmkomponisten" Serie heraus, die CDs von Hans-Martin Majewski (Vol. 10) und Peter Sandloff (Vol. 6). Die Zusammenlegung dieser beiden Komponisten war gut gewählt, denn was fast keiner weiß, ist, wie eng Majewski und Sandloff zusammengearbeitet haben.

Gert Wilden erzählte mir einmal folgende Geschichte: „Ich saß im Flugzeug von München nach Berlin, und neben mir saß ein junger Mann mit wirren, dunklen Locken. Während des ganzen Fluges blätterte er ununterbrochen in irgendwelchen Noten, machte sich Notizen und ergänzte die Blätter. Da fragte ich ihn, an was er denn arbeiten würde, und er sagte mir ganz stolz: ,Ich bin der Ghostwriter von Hans-Martin Majewski!‘ Ich sagte ihm: „Aber das bin ich doch!" Es stellte sich heraus, daß wir beide oft an derselben Filmmusik gearbeitet hatten und dachten, daß die jeweils andere Musik von Majewski stammen würde. Seltsam war nur", sagte Wilden, „wenn ich für Majewski arbeitete bzw. selbst komponierte, dann klang es doch immer wie Majewski."

Hans-Martin Majewski war ein glänzenden Organisator und seine beiden „Ghostwriter" reden immer nur gut von ihm, im Sinne von „Wenn er nicht gewesen wäre, wäre ich nicht zum Film gekommen". Aber auch psychologisch verstand er es, seine Mitarbeiter dazu zu bringen, auf eine namentliche Nennung ihrer Kompositionen zu verzichten. So erzählte Peter Sandloff mir einmal: „Hans-Martin sagte immer zu mir: ,Schau, du mußt das so sehen, du bist der Innenminister und ich bin der Außenminister, und so schaffen wir zusammen etwas, was der einzelne gar nicht könnte‘. So leuchtet mir das auch ein", sagte Peter Sandloff, „und ich bin dabei nie zu kurz gekommen. Hans-Martin liebte es halt, in der Öffentlichkeit zu stehen, und selbst wenn er für eine meiner Musiken den Deutschen Filmpreis bekam, dann ging das so auch schon in Ordnung, denn ich hätte ja erst gar nicht den Auftrag zum Komponieren erhalten."

CD Filmmusiken aus „Heute heiratet mein Mann", „Schloß Gripsholm", „El Hakim" u.v.a.

 

31)  2003 veröffentlichte ich die Majolika Lounge CD von und mit Peter Thomas.

Den Anstoß zu dieser Produktion gab eigentlich George Clooney. Diesem war die CD „Kriminalfilm-Musik" von seinem Freund Quentin Tarantino als unbedingt hörenswert sozu-sagen ans Herz gelegt worden. Die Peter-Thomas-Musiken der alten Edgar-Wallace-Filme begeisterten Clooney derart, daß er beschloß, immerhin fünf Tracks in seinem Regie-Debüt-Film „Confessions Of A Dangerous Mind" (u.a. mit Julia Roberts und Drew Barrymore) einzusetzen. (CD-Textauszug)

Als der Deal mit Amerika perfekt war, rief mich ein mächtig stolzer Peter Thomas an, der sich riesig freute: „Sie haben mich nach Hollywood gebracht!"                                                                         Obwohl ich finanziell wenig davon hatte, denn ich habe ja an den Stücken nur die Non-exklusiv- Rechte, war es doch der absolute Wahnsinn, das so etwas überhaupt möglich war. Aber hierzu- lande registriert das fast niemand. Noch weniger, als George Clooneys Regie-Debüt sich als Flop entpuppte ... und das trotz Julia Roberts Nebenrolle und Clooneys sensationellem Besuch auf der Berlinale.

Die Musiken dieser CD, die wir mit den besagten Filmmusiken aus dem Clooney-Streifen ergänzt haben, sind durchweg originell, und Stücke wie eben die „Majolika Lounge", das „Colonel Rogers Theme" oder der „Tango für 3" sind einfach zeitlos gut.


32)  Deutsche Filmkomponisten CD Vol. 6 von Peter Sandloff (2003). Wie bei allen Komponisten-CDs hatten wir auch hier viel zu viel Musik, und der Peter konnte sich von keinem Take trennen, was ich durchaus verstehen konnte. So half dann auch seine Tochter Sabine beratend mit, da sie seine Musiken natürlich auch seit ihrer Kindheit kannte. In dieser verstärkten Formation haben wir ihn dann schwer in die Zange genommen und eine letztliche Auswahl erzwungen.

Bei den Musikbetitelungen kam bei Peter Sandloff dann auch noch der lyrische „Philosoph" zum Vorschein, was ich leider ebenfalls einschränken mußte. Denn wenn die CD aus lauter Titeln wie dem belassenen „Im Tal der blühenden Gärten und lieblichen Seen" bestanden hätte, wäre ein Abdruck auf der CD-Rückseite vielleicht nur noch in einer 4-Punkt-Schrift möglich gewesen. Manchmal muß man einen kühlen Kopf und die Übersicht bewahren, auch wenn´s noch so schwer fällt, aber sonst würden solche Produktionen (mit nicht übermäßigem Absatz) eingestellt werden ... und ich liebe den Slogan „Die Serie wird fortgesetzt!" einfach zu sehr.

CD Filmmusiken aus „Viele kamen vorbei", „Nackt wie Gott sie schuf", „Wir Kellerkinder" u.v.a.


33)  Seit der CD-Produktion „Film-Jazz" von Hans-Martin Majewski (2002) kenne ich seinen Sohn Peter, und der hat seit der „Film-Jazz"- und meiner CD für die Komponisten-Serie immer neue Einfälle für noch weitere Veröffentlichungen. Aber so ist das halt, ist einem jemand sympathisch oder ist er engagiert, dann mache ich dabei auch immer mit.

2002 produzierte ich die CD „Für immer Immenhof". Der Gedanke kam mir schon, als ich noch reiten lernte, denn die Jugendlichen auf den Reiterhöfen singen bis heute diese alten Filmlieder („So ein Pony, das kann alles ..."), oft zum Leidwesen der Gestütbesitzer: „Das hier sind Pferde, Pferde sind das, und keine Ponys!"

Diese CD beinhaltete letztlich die Musiken aller drei „Immenhof-Filme" aus den 50er Jahren mit Angelika Meissner und Heidi Brühl. Die Komponisten waren Hans-Martin Majewski und Norbert Schultze (u.a. der Komponist des Liedes „Lilli Marleen"). Richard Weize fragte mich: „Glaubst du, daß der noch lebt?" (... ja, was weiß ich denn noch alles?) Aber dann telefonierte ich herum, und Norbert Schultze lebte tatsächlich noch, er war 91 Jahre alt und schwerhörig, weshalb seine Frau uns dann unterstützten mußte. Ich: „Herr Schultze, Sie haben doch die Musik zu „Die Mädels vom Immenhof gemacht," „Was hab ich gemacht?" Seine Frau sehr laut: „Du weißt doch, Immenhof ... der Ponyfilm!  Schultze: „Ich ?" Sie: „Ja ... die Mädels vom Immenhof" (jetzt hörte ich so etwas wie einen Rippenstoß). Er: „Ach, diese Mädels, ja, da hab´ ich die Musik dazu gemacht ... das war in den 50er Jahren (und laut) ... wieso wollen Sie erst jetzt meine Musik haben!"  Zum Abschluß sagte er noch: „Aber schicken Sie sich mit der CD ... ich möchte sie schon noch erleben", und ich versprach es ihm. Ich war total gerührt über dieses erste Gespäch mit dem Mann, der „Lilli Marleen" komponiert hatte und mit dem man einfach immer noch reden konnte. Er war für mich wie ein Stück lebendige Musikgeschichte, und es war das einzige Mal, daß ich mein Versprechen letztlich nicht halten konnte, denn er hat die CD-Veröffentlichung 2003 nicht mehr erlebt.

Die Musikzusammenstellung war außerordentlich schwer, denn keine der vielen Hans-Martin- Majewski -Musiken (Immenhof-Filme 2 und 3) waren einem Film zugeordnet oder betitelt. Das war mal wieder eine Tüftelarbeit, aber genau das Richtige für mich, und dann noch meine Betitelungen der Stücke: „Dick und Dalli treiben Ponys",„Ethelbert und Ralf treffen Dr. Pudlich" usw., während die Lieder der Schöneberger Sängerknaben mich schon ohrwurmartig verfolgten, eben Lieder wie „Meine Wiege stand im Westen" oder „Ferien vom Ich".

Für das Vorwort im aufwendigen CD-Booklet war es ideal, den zukünftigen Autor eines „Immenhof"-Buches zu gewinnen, der zu mir sagte: „Ich kenne Ihre CDs" (er kannte sie wirklich!) und „Es ist eine große Ehre für mich, einmal mit Ihnen zusammenzuarbeiten." Er erzählte mir auch von der mysteriösen Geschichte, daß nach den „Immenhof"-Filmen Angelika Meissner Deutschland verlassen hatte und nie wieder filmen wollte und es auch nie wieder tat.

Die blonde Heidi Brühl habe ich einmal in den 80er Jahren in München getroffen, als sie mitten in der Fußgängerzone in einem Gespräch mit Ralf Wolter war. Gleich nachdem der biestige Wolter weg war, habe ich sie um ein Interview für meine Lex-Barker-Biographie gebeten. Da standen wir dann etwas am Rande der Fußgängerzone und unterhielten uns eigentlich recht lange, ohne daß irgend jemand uns störte, und ich dachte immer, so etwas sind die kleinen normalen Wunder, die dir auch nur hier in München passieren können.

 

34)  1998 brachte ich Peter Thomas unsere erste gemeinsame CD nach Berlin mit. Bei der Edgar-Wallace-Night von Kabel 1 war er der Star, und ich wurde in der Presse erstmals als CD-Produzent erwähnt, aber eben auch, weil ich aus München war.

Bedauerlich, und wie ich später noch sehr oft bemerken mußte, scheinen Journalisten keine Hausaufgaben mehr zu machen! Die Dame, die von der Presse kam, um ein Interview mit Peter Thomas zu machen, dachte zuerst, es handle sich bei ihm um einen „Musiker" (im Sinne eines Instrumentalisten). Sie konnte weder mit „Raumpatrouille Orion" noch mit Filmsoundtracks etwas anfangen, und so nahm ich sie beiseite, ließ Peter Thomas in Ruhe proben und erzählte ihr eine Stunde lang erst einmal, wer Peter Thomas ist. Zum Schluß, als wir wieder in Richtung Übungsraum gingen, damit sie das Interview mit ihm machen konnte, fragte sie mich noch: „Wann hat er eigentlich seinen letzten öffentlichen Auftritt gehabt?" Da sagte ich ihr: „Also, ich denke mal, das könnte schon länger her sein, er ist ja auch Komponist und kein auftretender Musiker! Und das müssen Sie ihn ja nicht unbedingt fragen, das könnte ihm vielleicht peinlich sein." In der Berliner Tageszeitung am nächsten Tag war es uns dann beiden peinlich, als da stand: „Arild Rafalzik, sein CD-Produzent aus München, sagte: ,Ich würde mich nicht trauen, ihn zu fragen, wann er das letzte Mal aufgetreten ist.‘ " Ja und das war alles, was für sie an der einstündigen Unterhaltung interessant gewesen war.

 

35)  2002 bei Harry Kulzer (und Freundin), dem Kopf von Table for Two. Am Piano ist er eine echte Größe ... hm, und dann spielt Wolfgang Opitz auch noch so ein Saxophon! Von dieser klasse Vier-Mann-Gruppe aus München versäume ich nie ein Konzert. Drei, vier Stücke von ihnen sind für mich buchstäblich weltklasse. Aber ausgerechnet zwei davon gibt es nicht auf ihren bisherigen 5 CDs, was es mir schwer macht, für sie Werbung zu machen.

Ich habe aber nie aufgegeben, auf Harry einzureden, sich doch endlich einmal aufzuraffen und diese Arbeit abzuschließen. Im Herbst 2004 soll es soweit sein, und ein großes Konzert im Prinzregenten Theater wird hoffentlich die gebührende Krönung dazu werden.

Musikauswahl: „Love Song", „Never Ever", „Waiting for you", „Wherever you go" und natürlich „With you Tonight".

 

36)  Das ist er: ein absoluter Vollprofi und mein Freund - Volker Rippe aus Hamburg. 1997 in Bad Segeberg haben wir uns das einzige Mal persönlich getroffen, aber dafür unzählige Stunden miteinander telefoniert, na klar, bei einer Zusammenarbeit von vielen, vielen

CDs! Soweit es möglich, ist nehme ich ihn in jede Produktion mit hinein, weil wir so gut miteinander harmonieren - das spart viel Zeit, Geld und Streß. Bei meiner „Deutsche Film-komponisten"- CD-Reihe für Bear Family Records mußte ich mich anfangs so hart für ihn einsetzen, daß ich auf die Hälfte meines „fürstlichen Honorars" verzichtet habe, aber es hat sich gelohnt! Für mich zählt: Die Qualität des Produktes steht immer im Vordergrund! Heutzutage kann nach Schätzung von Komponist Peter Thomas von fünf Tonmeistern nur einer überhaupt noch Noten lesen. Einer sagte einmal zu ihm: „Das braucht´s auch nicht, da schaun Sie her, ich habe hier 48 Regler, mit denen ich alles bedienen kann." Und Peter Thomas gab ihm zurück: „Ja, du Arsch, aber du hast nur zwei Hände!"

Mir persönlich sind andere Tonmeister oftmals zu unsicher oder zu verspielt, und gerade im Studio, wo wirklich jede Stunde echt Geld kostet, kann das zum Horror werden ... aber wir, Rafalzik-Rippe, sind im Soundtrack-Bereich so etwas wie der Rolls-Royce bei den Autos

 

Am 22. Oktober 2004 war in der Münchner Musikhochschule die „Nacht der Filmmusik",                                        und die verbrachte ich mit „meinen" Komponisten Martin Böttcher (Foto 2), Gert Wilden                                              (mit Martin Böttcher Foto 3) und Rolf Wilhelm (Foto 4).